Interview Mai 2025 (Britta Kremke)
Gerhard Reinisch wurde am 5.6.1936 in Bernburg an der Saale geboren. Seine Mutter war Glasmalerin und sein Vater Maschinenschlosser. Mit 14 verließ Reinisch die Schule und machte eine Lehre zum Maler in einem Malerbetrieb, der von einer Malermeisterin geführt wurde.„Das war eine große, schlanke Frau, so um die dreißig mit Schlaghosen aus Cord. Und wenn sie mit mir als Lehrling, ich bin ja so ein abgebrochener Pimpf, durch die Straßen ging, dann sahen wir aus wie Pat und Patachon.“ Die Malermeisterin war auch seine erste Förderin.„Sie hat mich quasi gezwungen, dass ich Samstags zu ihr nach Hause kommen und zeichnen sollte. Sie selbst war nicht künstlerisch tätig, aber sie hat wohl gesehen, dass ich irgendwie Talent hatte und hat das gefördert. Ich fand das meistens ganz schön, denn so musste ich Samstags nicht auf der Baustelle arbeiten. Nach der Lehre sollte ich in einen Betrieb, der Brücken anmalte. Dazu hatte ich keine Lust. Ich hab doch nicht drei Jahre Maler gelernt, um dann Rost von einer Brücke zu klopfen.“Reinisch bewirbt sich erfolgreich bei der Fachschule für angewandte Kunst in Magdeburg, wo er von 1958 bis 1961 studiert. Nach dem Studium arbeitet er als Werbegestalter bei der DEWAG (Deutsche Werbe- und Anzeigengemeinschaft), dem Monopolbetrieb der DDR für Werbung und öffentliche Informationstafeln.„Ich hatte Glück: Ich konnte eine möblierte Wohnung eines Architekten beziehen, der von einer Reise in den Westen nicht zurückkehren konnte, weil ja am 13. August die Grenze zugemacht wurde. Für den war das wohl nicht so schön.“1962 arbeitet Reinisch zunächst für die Reichsbahn als freier Grafiker. Doch das reicht ihm nicht, und so studiert er an der Kunsthochschule in Berlin Weißensee bei den Professoren Fritz Dehn, Arno Mohr und Walter Womacka.„Der Dehn war immer besonders streng. ‚Zeig mir nicht deine Aquarelle, ich weiß, dass du das kannst, die kannst du weglegen. Zeig mir das, was du noch nicht kannst.’ Naja, und so hat er mich gefördert und gefordert. Er hat mich wirklich weitergebracht.“Nach dem Studium arbeitet Reinisch als freier Grafiker, lässt sich in Schwerin nieder, schafft sich eine ausrangierte Steinpresse an und produziert seine Grafiken als Lithos. Er übernimmt Auftragsarbeiten und bemalt Fassaden und Wände, zum Beispiel den Giebel eines fünfgeschossigen Plattenbaus in Schwerin auf dem Dreesch und eine Wand in der Kulturhalle Hagenow, die leider dem Abriss zum Opfer fällt. Ein Foto der Wandmalerei aus Hagenow hängt viele Jahre im Büro der Bundestagsabgeordneten der Linken, Heidrun Bluhm.„Ich hab auch den Giebel der Poliklinik in Schwerin bemalt, und zwar mit einer Mutter, die ihr Kind im Arm hält. Die Klinik lag direkt neben dem Krankenhaus und die Fenster der Geburtsstation gingen direkt zu dem Giebel hin. Das war eigentlich ein ganz schöner Zufall.“1992 lernt er seine Frau kennen, die Allgemeinmedizinerin Dr. Sabine Gaydov.„Natürlich hatte ich schon von dem Maler Gerhard Reinisch gehört und kannte auch Arbeiten von ihm. Aber als ich ihn dann persönlich kennengelernt habe, da hat es mich erwischt. Obwohl ich mich eigentlich zuerst in eine Grafik von ihm verliebt habe.“Die beiden heiraten 2002. Mit ihr unternimmt er zahlreiche Reisen, nicht nur innerhalb Europas, sondern auch nach Asien und Afrika. Überall malt er was er sieht oder besser, was sein Inneres damit macht: Kamele, Wellen, Menschen, Felsen… Er findet seinen eigenen Stil: statt zarter, brav gepinselter Aquarelle malt und schmiert er – seine eigenen Worte – zum Teil mit den Fingern, auf vollständig durchnässtem Papier oder Leinwänden mit expressiven Farben.„Die Kunst besteht darin, den Raum auf die Fläche zu bringen!“Reinisch malt gerne auf farbiger Leinwand, die nehmen ihm die „Angst vor dem weißen Papier“.2007 zwingt eine schwere Krebserkrankung Gerhard Reinisch zu einer Zwangspause. Glücklicherweise kann er sich vollständig erholen und unternimmt wieder Fernreisen mit seiner Frau. Anlässlich der Bundesgartenschau 2009 gestaltet er eine Wand im Parkhaus der Schweriner Höfe. 2016 verleiht ihm die Stiftung der Sparkasse Schwerin den Kunst- und Kulturpreis für sein Lebenswerk und er wird Ehrenmitglied des Kulturbundes.
5. Juni 1936 in Bernburg (Saale)
Er wuchs in Bernburg (Saale) auf.
Von 1950 bis 1953 erlernte er den Beruf des Malers.
1958 bis 1961 Studium an der Fachschule für angewandte Kunst in Magdeburg, ehemals Kunstgewerbe- und Handwerkerschule in Magdeburg,
anschließend in Schwerin als Ausstellungsgestalter bei der Deutschen Werbe- und Anzeigengesellschaft (DEWAG)
ab 1962 als Grafiker in der Reichsbahndirektion Schwerin.
von 1966 bis 1971 Studium er an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee u. a. bei Fritz Dähn.
seit 1971 freischaffender Maler und Grafiker nieder in Schwerin
1970 -1980 Leitung einer Förderklasse Malerei des Stadtkabinetts für Kulturarbeit Schwerin.
Er war Mitglied im Verband Bildender Künstler der DDR, bis zu dessen Auflösung im Jahr 1989.
2016 Kunst- und Kulturpreis der Landeshauptstadt Schwerin und der Stiftung der Sparkasse, dritter Preisträger für sein Lebenswerk